1) Was ist Angst

Jeder hat schon einmal in ganz unterschiedlichen Situationen Angst gehabt und es als ein unangenehmes und bedrohliches Gefühl erlebt. Es gibt eine Vielzahl an Ängsten. Manche sind angeboren und stammen noch aus der Urzeit, andere Ängste erlernen wir, wie etwa die Furcht vor der heißen Herdplatte. Diese reale Angst ist eine Alarmfunktion, die wieder verschwindet, wenn die Gefahr vorbei ist. Angst kann uns schützen. Angstfrei zu leben, ist daher nicht erstrebenswert, da uns dann ein wichtiger Reiz fehlen und wir nicht mehr auf Gefahren reagieren würden.

Zu viel Angst lähmt jedoch Geist und Körper. Schlägt die Angst in eine Phobie um, dann sind die Ängste zu groß und der Situation, in der keine extreme Gefahr oder Bedrohung besteht, nicht angemessen. Krankhaft ist Angst dann, wenn Sie einen Großteil des Tages über Ihre Ängste nachdenken, Ihre Lebensqualität und Bewegungsfreiheit zusehends eingeschränkt wird, Sie zur „Linderung“ zu Alkohol, Medikamenten oder Drogen greifen und Beziehungen in Gefahr geraten.

Angst wird von körperlichen Symptomen begleitet, die oft als Gefahr fehl interpretiert werden. Lesen Sie dazu mehr unter 4) Symptome.


2) Wie entsteht Angst?

Manche Menschen sind empfänglicher für Angst als andere. Das liegt oft daran, wie die wichtigen Bezugspersonen des Kindes mit eigenen und fremden Ängsten umgegangen sind. Konnten sie dem Kind Vertrauen und Sicherheit vermitteln, lernt es seine Ängste zu beruhigen und wird wahrscheinlich zu einem gelassenen, selbstbewussten Menschen heranwachsen. Sind sie aber selbst unsicher, wird dies auch das Kind prägen. Es hat dann vermutlich nicht gelernt, seine Erregungszustände zu regulieren. Werden Ängste wie Verlassenheits-, Verlust- und Trennungsängste oder Angst vor Liebesentzug und Strafe nicht in der Kindheit verarbeitet, werden sie verdrängt und bestehen im Unbewussten fort.

Zudem sehen wir uns in den letzten Jahren mit einer unüberschaubaren Vielzahl an Möglichkeiten konfrontiert, die uns verunsichern und ängstigen. Denn jede Entscheidung birgt die Möglichkeit auch falsch zu sein: Welchen Partner/in, welche Ausbildung, welchen Beruf wähle ich? Solche Ängste sind reale Ängste und beziehen sich auf eine konkrete Situation. Hier kann eine Beratung sinnvoll und unterstützend zur Entscheidungshilfe sein. Krankhaft wird Angst aber dann, wenn sie mit unangenehmen körperlichen Symptomen verbunden ist.


3) Angstauslösende Faktoren

können Stress, Trauma, Sucht (Alkohol, Drogen), somatische Faktoren wie Funktionsstörungen der Schilddrüse, Herz- oder Hirnerkrankungen, Nebenwirkungen von Medikamenten sein.


4) Symptome

Stellen Sie sich vor, Sie kommen mit Beklemmungsgefühlen im Herzen und Atembeschwerden zum Arzt. Sie befürchten, kurz vor einem Infarkt zu stehen. Nach einer gründlichen ärztlichen Untersuchung erhalten Sie die Diagnose: „Mit Ihrem Herzen können Sie 100 Jahre alt werden.“ Sie gehen erleichtert, aber nicht beschwerdefrei. Was können Sie tun, wenn die Beschwerden nicht aufhören?

Dann empfehle ich Ihnen eine Psychotherapie. Denn oft stehen körperliche Beschwerden und nicht das subjektive Erleben von Angst im Vordergrund. Die Beschwerden äußern sich als: Beklemmungsgefühle, Herzklopfen oder Herzrasen, Atembeschwerden, Hitze- oder Kälteschauer, Gefühllosigkeit oder Kribbeln, Muskelverspannungen, Übelkeit, Schwindel sowie Angst vor Kontrollverlust, sogar die Angst zu Sterben.

Ängste, egal ob es sich um spezifische oder generalisierte Ängste handelt, lassen sich erfolgreich behandeln.


 5) Welche Ängste gibt es?

Phobie

Die phobische Angst ist an spezifische Objekte oder bestimmte Situationen gebunden. Es belastet die Betroffenen nicht weniger, wenn andere Menschen die bestimmte Situation als kaum bedrohlich oder als nicht gefährlich betrachten. Denn Angst wird subjektiv empfunden.

Die Angst entsteht mit der Vorstellung, die Sie mit der Situation, dem Raum verbindet, nicht durch den Gegenstand selbst. Die Angst, solch einen Zustand wiederholt zu erleben (Angst vor der Angst oder Erwartungsangst), führt oft dazu, dass Sie die Situation vermeiden, was Ihre Lebensqualität stark einschränkt. Am Ende führt dies in die Depression.


Agoraphobie

Bei manchen Menschen treten die oben erwähnten Symptome auf, wenn sie sich außerhalb Ihrer gewohnten Umgebung aufhalten. Sie sehen sich Gefühlen der Hilflosigkeit oder Peinlichkeit ausgesetzt und haben keine direkte Fluchtmöglichkeit. Die Agoraphobie kann an Orten oder Plätzen auftreten, wo sich viele Menschen aufhalten. Dazu zählen Menschenmengen auf belebten Einkaufsstraßen, öffentliche Verkehrsmittel wie Bus oder U-Bahn, Brücken und Kinos. Für sie ist es unmöglich, sich von ihrem Zuhause weiter zu entfernen oder gar auf Reisen zu begeben. Oft steigert sich ihre Angst bis zu einer Panikattacke.


Soziale Phobie

Jeder fühlt sich mal allein oder unglücklich und zieht sich dann für eine Weile zurück. Deshalb muss er noch keine soziale Phobie haben. Fühlen Sie sich aber seit längerem unglücklich und allein, haben keinen Partner und nur wenige Freunde, kann eine Psychotherapie helfen.

Vielleicht sind Sie sehr empfindsam und leicht zu kränken, ziehen sich schnell zurück und vermeiden es, sich mit anderen Menschen auseinanderzusetzen. Vielleicht neigen Sie dazu, sich von außen mit vermeintlich fremden Augen zu betrachten. Oder Sie quälen sich mit falschen Vorannahmen lange vor dem Ereignis und werden dann erst recht unsicher.

Manche Menschen erröten extrem häufig oder haben Angst im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Sie befürchten sich zu blamieren oder unangenehm aufzufallen. Diese Vorannahmen sind quälend und oft unbegründet.

Bevor Ihr soziales Leben zusehends verkümmert und vielleicht sogar in eine Depression führt, kann Ihnen eine Psychotherapie helfen.


Spezifische Phobie

Die spezifische oder isolierte Phobie beschränkt sich auf bestimmte Situationen und drückt sich aus in Angst vor Höhen, Donner, Examen, Dunkelheit, Fliegen, geschlossenen Räumen, Arztbesuchen, Verzehr bestimmter Speisen, der Angst sich mit Krankheiten anzustecken oder Blut zu sehen.

Am häufigsten tritt die spezifische Phobie bei Tieren (Zoophobie) wie Hunden, Schlangen, Spinnen und Mäusen auf. Oft ist die Tierphobie mit Ekelgefühlen (bei z. B. Insekten) verbunden. In Begleitung einer anderen Person und mit Abstand zu der vermeintlichen Gefahrenquelle schwächt sich die Phobie ab. Zu den Tierphobien zählen die Ailurophobie = Angst vor Katzen, Arachnophobie = Angst vor Spinnen, Equinophobie = Angst vor Pferden, Herpetophobie = Angst vor kriechenden, krabbelnden Tieren, Kynophobie = Hundeangst, Ophidiophobie = Schlangenangst.


Generalisierte Angststörung

Jeder macht sich mal Sorgen, z. B. wenn der Partner oder die Kinder sich sehr verspäten. Diese Sorgen vergehen aber bald wieder. Nicht jedoch bei Menschen, die unter einer generalisierten Angststörung leiden. Sie befürchten gleich ein größeres Unglück, werden nervös, zittern, schwitzen, leiden unter Konzentrationsschwierigkeiten und Spannungskopfschmerzen sowie Herzrasen. Meist gelingt es ihnen nicht sich zu entspannen, da sie sich täglich über Wochen und Monate stundenlang Sorgen über jeden und alles machen. Deshalb wird diese Krankheit auch Sorgenkrankheit genannt.

Die generalisierte Angst beschränkt sich nicht wie die Phobien auf bestimmte Situationen und Objekte, sondern ist frei flottierend. Die Betroffenen springen von einer Sorge zur nächsten, sind sehr wachsam und durch die innere Anspannung äußerst schreckhaft und reizbar. Oft können sie auch schlecht ein- oder durchschlafen.


Panikstörung

Plötzlich und ohne einen bestimmten Anlass entsteht anfallsartig eine ausgeprägte Angst. Sie tritt immer wieder und ganz unerwartet auf. Meist beginnt die Panikattacke mit Herzklopfen, Brustschmerzen, Erstickungsgefühlen, Schwindel und Entfremdungsgefühlen. Die Furcht, die Kontrolle zu verlieren, zu sterben oder wahnsinnig zu werden, gehört ebenfalls dazu. Diese Beschwerden kommen ganz plötzlich und steigern sich innerhalb weniger Minuten zu einem Höhepunkt. Die Panikattacke dauert in der Regel 10 bis 30 Minuten. In solchen Paniksituationen rufen Sie den Notarzt. Wenn dieser eintrifft, ist die Attacke meist vorbei.

Nach einigen Panikattacken stellt sich eine Erwartungsangst ein. Die Angst vor der Angst. Sie kann u. a. zum sozialen Rückzug führen. Oft tritt die Panikattacke in Kombination mit der Agoraphobie auf.

Die Panikattacke lässt sich nicht mit Medikamenten oder Alkohol in den Griff bekommen. Behandelt man sie nicht, kann sie lebenslang bestehen bleiben.


 6) Therapie und Behandlung

Ängste gehören zu den psychischen Krankheiten, die sich am erfolgreichsten behandeln lassen. In der Psychodynamischen Behandlung werden die dahinter liegenden seelischen Konflikte im Zusammenhang mit wichtigen biographischen Erlebnissen aufgedeckt. Zudem können Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie, systematischen Desensibilisierung und Exposition eingesetzt werden.

Die systematische Desensibilisierung wird überwiegend bei Phobien angewandt. Es wird eine hierarchische Angstskala erstellt, durch die Sie dann schrittweise geführt werden, zunächst in der Vorstellung, dann in der Realität.

Beim Expositionstraining verbleiben Sie mit der Therapeutin so lange in der angstauslösenden Situation, bis die Angst und die Symptome abgeklungen sind. Sie machen dann die Erfahrung, dass, indem Sie in der Situation verbleiben, die Angst abklingt. Ein Vermeiden der Situation wird dadurch nicht mehr nötig.

Ängste lassen sich umso besser behandeln, je eher Sie etwas dafür tun.


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